• Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Unser Jagdaufseher in seiner Passion als Naturschutzwächter und Biber-Berater "Daniel Sonntag"

Daniel Sonntag - Zweiter von links

Eine Baumschutzaktion an der Kammel gegen Biberverbiss zwischen Niederraunau und Krumbach machte richtig viel Arbeit.
 
Krumbach Sie sind zu siebt an diesem Samstag und sie haben einiges vor.
Ihre Mission: Naturschutz an ihrem Fischgewässer, denn sie sind Angler. Sie gehören dem 1. Augsburger Angler Club an, der die Kammel zwischen Krumbach und Niederraunau gepachtet hat. Darin schwimmen kälteliebende Fische wie die Äsche oder die Bach- und Regenbogenforelle. Die Fische haben einen Mitbewohner mit zwar schuppigem Schwanz, doch ist er nicht mit ihnen verwandt. Die Rede ist vom Biber, der gerne an den Bäumen längs des Ufers nagt.

Das Problem: Ließe man ihn uneingeschränkt gewähren, würden die großen, Schatten spendenden Uferbäume bald verschwinden. Unweigerlich würde dadurch auf lange Sicht das Wasser wärmer und damit der Lebensraum der kälteliebenden Salmoniden bedroht. Dieses Problem und großen Biberfraß an der kleinen Mindel zwischen Thannhausen und dem Thannhauser Flugplatz hat kürzlich auch Andreas Jungbauer vom Thannhauser Fischereiverein beklagt.

Mit ihrer Baumschutzaktion haben die Angler an diesem Samstag viel Arbeit. Nachdem sie im Vorfeld einen Ortstermin mit Daniel Sonntag, einem Biberberater und Naturschutzwächter vom Landratsamt Günzburg, an der Kammel hatten, ist klar, welche Bäume sie vor Biberverbiss schützen sollen.
Es sind um die 50. Für die Ummantelung ihrer Stämme mit bissfesten Drahtgittermatten hat Sonntag 70 Matten zur Verfügung gestellt. Die zwei auf einen Meter großen Gitter müssen um die Stämme herum so angebracht werden, dass kein Biberzahn mehr daran nagen kann. Teilweise müssen die Bäume vorher freigeschnitten werden. Motorsägen kreischen. Die Arbeiten finden nach dem 1. März statt, nach dem eigentlich keine Baumschnittmaßnahmen mehr stattfinden sollten laut Paragraf 39 V des Bundesnaturschutzgesetzes. Er verbietet den radikalen Rückschnitt von Bäumen, Hecken, Gebüschen und anderen Gehölzen in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September. Grund dafür ist die Vogelschutzzeit. Allerdings sind in dieser Zeit Form- und Pflegeschnitte ebenso möglich wie Maßnahmen zur Verkehrssicherung.

Gut, dass Biberberater Sonntag als Behördenvertreter dabei ist. Falls sich Anwohner beschweren, dann kann er gleich sagen, dass es sich um genehmigte Arbeiten handelt und dass nicht zum Schaden, sondern zum Nutzen der Bäume gearbeitet wird. Die Männer arbeiten sich in zwei Teams am Ufer entlang, einmal von Krumbach in Richtung Ortsteil Niederraunau und einmal von Niederraunau her. Dass der Baumschutz notwendig ist, wird bei den Arbeiten klar. Einige gefällte Bäume künden vom Hunger des Bibers, viele andere hat er "geringelt", wie der Fachbegriff für das Rundherumnagen des Tieres heißt. Im Zuge der Arbeiten entfernen die Angler auch Totholz und Müll. Am Ende sind gute vier Stunden vergangen und die Großbäume, vornehmlich Weiden, Birken und Erlen, sind nun vom Wurzelbereich stammaufwärts vergittert.

Da der Biber in der Regel nicht klettert, reicht die Höhe von einem Meter der Drahtmatte aus für den Baumschutz, der locker angebracht wird, damit er nicht einwächst. Daniel Sonntag hat die Aktion als Vertreter des Landratsamtes koordiniert. "Das ist praktizierter Naturschutz", freut er sich über die Aktion der Fischer. Nach dem Prinzip "Viele Hände, schnelles Ende" sei auch eine so arbeitsaufwendige Aktion machbar, sagt er. Als ehrenamtlich tätiger Biberberater hat der Lehrer vier weitere Kollegen im Landkreis Günzburg. Die Biberberater versuchen Konfliktsituationen mit Bibern so zu lösen, dass "Mensch und Biber geholfen wird und das Miteinander funktioniert", erklärt Sonntag. Anrufe mit Konfliktfällen bekommt Sonntag zuhauf. Biber werfen einmal im Jahr drei bis fünf Junge, die nach drei Jahren geschlechtsreif werden und sich dann neue Reviere suchen müssen. Letztere seien es, die sich dann in Gräben ansiedelten und oft Probleme bereiteten. Lösungen müssten immer individuell gefunden werden. So gebe es zum Beispiel sogenannte Vergrämungsmaßnahmen über Duftstoffe, Drainagen von Biberdämmen, damit keine Wasserschäden auf landwirtschaftlich genutzten Grundstücken entstehen, Schutzgitter für Bäume oder Elektrozäune, die den Biber von einem Grundstück fernhalten.

In Ausnahmefällen finden mit Ausnahmegenehmigung Entnahmen von Tieren statt - auch im Landkreis Günzburg. "Entnahme" ist der Fachbegriff, gemeint sei aber in der Regel eine fachgerechte Tötung des Tieres. In Ausnahmefällen gebe es eine Umsiedelung, wie etwa im letzten Jahr, als ein Biber aus dem Landkreis Günzburg nach England gebracht wurde. Tiere für eine solche Umsiedelung aus ganz Bayern sammle der bayerische Bibermanager Gerhard Schwab, bis genügend für einen solchen Transport beisammen sind.

Bericht aus der "Augsburger Allgemeine" vom 20.04.2023 - Annegret Döring