• Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Monsterkeiler


13:00 Uhr Ortszeit, ich bin mit meinem Hund unterwegs als Hagen mich anruft und meint im Revier suchen unsere Revierpächter kurzfristig Jäger und Treiber für eine Drückjagd mit Hunden. Es ist kurz vor knapp, den in 20 Minuten bin ich zum Essen eingeladen, bei Anke und Hagen; es gibt Wildschweinbraten von Hagen eigenhändig geschossen. Anke kocht zu lecker, da muss ich erstmal hin. Und es hat sich wieder mal sehr gelohnt, danke Anke; dann schnell heim gepackt und schon stehe ich auf der Wiese unseres Treffpunkts umgeben von vielen Jägern und rot Gewandeten Treibern samt den Hunden.

Ich werde kurzerhand vom Revierchef eingeteilt, habe keine Ahnung wo er mich hinsetzt und finde mich wieder im Auto eines Reviernachbarn der heute für das Spektakel auch Zeit hat. Ich habe noch Andreas Worte im Ohr was alles geschossen werden darf, eigentlich alles was momentan gesetzlich frei gegeben ist.

So sitze ich auf der mir zugewiesenen Kanzel, von 9:00 Uhr bis 3:00 Uhr alles Wiese, ein Riesen Schussfeld tut sich da auf und mir wird Angst und bange wenn ich sehe wo ich da sogleich überall aufpassen muss, den ich höre aus 3:00 Uhr schon die Treiber anrücken. Schnell stelle ich das Zielfernrohr auf eine halbwegs erreichbare Schuss-Entfernung. Mit dem Entfernungsmesser meines Fernglases suche ich dafür Grenzmarkierungen, die ich mir flüchtig einpräge.

Die Treiber kommen schnell näher, auch eine weibliche Stimme ist dabei, da springen auch schon 4-5 Rehe aus den Dickungen und überqueren die vor mir liegende Wiese. Einen Bock mittendrin, hochflüchtig, er springt den Geißen hinterdrein. Über der offenen Fläche verhofft keines der weiblichen Stücke und so habe ich keine Chance auf einen sicheren Schuss. Mittlerweile sind auch die Hunde sehr aktiv, hinter mir im Wald lautstark mit den Treibern ziehen sie vorbei den Abhang hinunter und auf der anderen Seite wieder hoch.

Heyyy, Hohh und Stockschlagend, kaum kann ich alles mit meinen Blicken einfangen, schreit plötzlich Andreas Stimme "eine Sau!" Mein Puls fliegt, hinter mir im Wald jagen meine Augen einem braunen schwarzen Bündel hinterher. Runter vom gegenüber liegendem Hang kommt da etwas den Abhang herauf, immer wieder sehe ich die dunkle Schwarte durch die kniehohe und höhere Vegetation huschen. Ich habe das dunkle etwas im Visier, drücke ab, der Schuss ist verhallt und ich sehe im Absehen spritzt etwas hoch. Aber das Objekt der Aktion rennt jetzt plötzlich noch schneller den Abhang hinauf.

Ein Gedanke schießt, "wenigstens jetzt durch meinen Kopf", viel zu nahe für die Visiereinstellung, Depp, du hast es verpatzt. Andreas sucht schon nach Spuren, schreit herauf: "Warst du drauf, hattest du ihn im Absehen, es war ein Riesen Keiler" ich eher kleinlaut, ich glaube schon, bin mir nicht sicher. Keine Schweißspur am Anschußort, mir ist klar kann nicht passen, ich habe darüber geschossen Fehler gemacht, die Jagdkollegen quittieren das ganze mit entsprechenden Jägermacho- Gehabe, Lebenskeiler vergeigt, den Schuss verzittert und andere Sprüche. Ich verkneife mir eine entsprechende Zurückweisung: Hey ihr Nasen, habt ihr noch nie daneben geschossen?

Selbst Schuld sage ich mir und etwas verbittert schlage ich das Versöhnungsangebot von Wolfgang aus, bei ihm zuhause im Tal noch mit allen zusammen etwas zu trinken.

Viel lieber bin ich jetzt alleine, frage Andreas wo ich noch ansitzen könnte und der hat eine Idee, er kennt einfach sein Revier.

"Schweineställchen", eine Sau- Kirrungskanzel mitten im Wald. Da ist der Kirrplatz mit weißgrauen Kalksteinen geschottert, wenn da noch etwas Mondlicht darauffällt, sind die Silhouetten möglicher Jagddeliquenten gut auszumachen. Ich sitze, einige SMS fliegen zwischen meinem Jagdchef und mir hin und her. Das traditionelle Sonntagabendessen mit meinen Jungs sage ich kurzerhand auch noch ab und verkrieche mich in der zunehmenden Dunkelheit. Kein Laut nichts tut sich! Endlich Ruhe, gedanklich philosophiere ich schon eine Weile über die Jagd, stelle meine Erwartungen auch den heute erlebten Realitäten gegenüber, irgendwo knackt da irgendwas.

Ach nein, wieder Ruhe, da knackt es wieder und auch noch näher. Ich beuge mich vor und nehme den Kirrplatz in Augenschein, höre Holz brechen, links auf 10:00 Uhr schält sich was Dunkles aus dem Wald, überquert den Wildacker und weg ist es, es könnte eine Sau gewesen sein. Vorsichtshalber hole ich meinen Stutzen herauf und bringe ihn in Schotterplatzrichtung zum Anschlag. Die Vergrößerung habe ich gleich bei meiner Ankunft auf das eineinhalbfache heruntergedreht und scharf gestellt, ein Fehlschuss sollte mir hier nicht mehr passieren.

Gespannt sitze ich da, schalte gleich mal die Absehensbeleuchtung ein. Mein verpatzter Keiler fällt mir wieder ein, insgeheim wünschte ich mir ihm noch mal zu begegnen. Adrenalin steigt bis in die letzten Harrspitzen als das knacken wieder zu hören ist.

Da steht was an der Kirrung, ich erkenne die Silhouette einer einzelnen Sau einer großen, die von vorhin wahrscheinlich, eine zweite sehe ich nicht. Ich fahre mit dem roten Absehenspunkt in die Mitte des Körpers und denke noch diesmal machst du alles richtig, der Leuchtpunkt muss etwas weiter in die vordere Hälfte der Körpermitte und schon lasse ich die Kugel fliegen.

Die Sau empfängt das Geschoss mit einem Satz nach vorne und bricht ein in den Bestand dass es nur so knackt und kracht.

Es dauert etwa 2 Minuten dann ist alles wieder still. Etwas verdattert stehe ich auf der Kanzel, ordne meine Sinne und fange an meinen Rucksack zu packen. Unten am Kirrplatz suche ich vergebens nach Spuren, kein Schweiß, ich sehe nichts. Den Anschuss nicht verändern kommt mir in den Kopf und ich rufe Andreas meinen Revierchef zur Nachsuche. Der sagt: "komm erst mal runter zum Wolfgang da sitzen wir alle und später schauen wir nach der Sau". Das geht ja gut weiter, ok, ich will wissen was hier los ist, um den Anschuss nicht zu gefährden hole ich meinen Smith und Wesson aus der Tasche und suche selber in der Nähe und in Fluchtrichtung der Sau nach Schweiß, da, hellrote Schweißspuren am Stamm einer Buche, aber weit oben etwa 60 oder 70 Zentimeter. Ich bin froh wenigstes einen Trefferbeweis mit zubringen.

Unten im Tal sinnieren die beiden Revierinhaber über aktuelle Probleme ihrer Wild- Wirtschafterei. Hagen ist auch noch da, der Nachwuchsstar unseres Reviers und ich bin froh den er ist auch mein Freund. Nach einer oder zwei Tassen Kaffee, fahren wir zu viert mit den Hunden hoch ins Revier zur Kanzel und zum vermeintlichen Anschuss auf der Saukirrung.

Andreas fragt sogleich, "wo ist sie gestanden, die Sau" ungefähr weiß ich es und ich staune nicht schlecht da hat er plötzlich abgeschossene Borsten in der Hand, findet den Kugelriss und einen Tropfen Schweiß in der Schuss- Richtung. Auch die Eingriffe der Schalen in Fluchtrichtung sind deutlich zu erkennen.

Ich muss zweimal hinsehen bis ich begreife, alles logisch, eins kommt nach dem anderen. Andreas und Wolfgang holen die Hunde und es geht rein in den Bestand vielleicht 30 Meter da liegt sie, nein er der tote Keiler und sauber erwischt ein Kammertreffer wie ich sehe, ich bin froh und es fällt mir ein Stein von Herzen.

Der Keiler ist riesig, und stinkt gewaltig, er muss kurz vorher irgendwo gesuhlt haben. Andreas fällt ein ihn in einer nahen Quelle zu baden. Wie bringt man so ein schweres Tier aus dem Wald um ihn auf ein Fahrzeug zu laden, Hagen und ich bilden ein Gespann, wie zwei Ochsen mit Seilen zerren wir das Tier bergauf in Richtung Kirrplatz, Andreas und Wolfgang helfen fleißig mit. Das letzte Stück hilft der Geländewagen von Wolfgang und wir ziehen den Keiler aus dem Bestand und schaffen ihn zu viert auf Hagens Pickup.


Es scheint dass der Keiler immer größer wird und langsam ist mir klar, das ist der den ich heute auf der Drückjagd nicht getroffen habe. Andreas hat den Fluchweg des Keiler´s irgendwie geahnt und mich richtig platziert. Ein Riesentier, ich nenne ihn Monsterkeiler.

Andreas bricht ihn auf und als erfahrener Berufsjäger staunt auch er über die Größe der Organe und freut sich mit uns zusammen über den glücklichen Ausgang dieses Jagdtages, später erfahre ich noch das der Keiler 138 Kilo Lebendgewicht hatte.


Mein herzlicher Dank geht an die helfenden Jagdkollegen, wenn´s drauf ankommt absolut zuverlässig und Weidmanns heil allen Jägern auch wenn das Jagdglück nicht jedes Mal und jeden Tag gerecht verteilt ist.

Wiesensteig, im November des Jahres 2008


Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.